Erschrocken und verwundert fragen sich viele: Was ist eigentlich passiert? Vor 50 Jahren hatten wir in der Studentenbewegung die begründete Hoffnung, dass nun die Welt besser wird. Wir hofften, dass man den Hunger besiegen und Armut überwinden kann, dass die Demokratien gestärkt werden. Die russische Weltmacht zerfiel, die Wende in Deutschland verlief friedlich und Amerika hatte den ersten schwarzen Präsidenten. Doch dann setzten sich in vielen Ländern Männer durch, deren Politikstil davon geprägt war, die eigenen Interessen rücksichtslos durchzusetzen. Was ist passiert?
Was sich radikal verändert hat, ist das Tempo von Entwicklungen. Stefan Zweig beschrieb in dem Buch ‚Die Welt von gestern‘, dass man vor hundert Jahren glaubte, man würde alles für die Ewigkeit erschaffen. Doch heute erleben wir in einem Jahr mehr Veränderungen als früher in einer ganzen Generation. Der Benzinmotor wird fast aussterben, Social Media bestimmt die Öffentlichkeitsarbeit, wir begegnen uns per Skype auf dem Bildschirm. Informationen dringen in jeden Winkel der Welt, überall kann man sich per Internet vernetzen. Dies führt zu radikalen, globalen Veränderungen, bei der alle Gewissheiten schrumpfen. Noch vor 40 Jahren wusste man in vielen Familien, wo man hingehört. Man wählte SPD oder CDU, ging in die Kirche und erlernte einen Beruf, den man lebenslang ausübte. Dies ist heute vorbei. Der Wandel in dieser Welt führt dazu, dass es immer schneller Gewinner und Verlierer gibt und es gibt Gegenbewegungen, in denen man Sicherheit durch Abschottung, durch eine Philosophie der Stärke gewinnen möchte. Das führt dazu, dass wieder jenes Denken Schule macht, das man längst überwunden glaubte. Kriege anstelle von Diplomatie, Drohungen anstelle von Gesprächen, Eigeninteressen anstelle des solidarischen Handelns.
Entscheidend für uns ist es, dass wir selbst anders leben und uns nicht einschüchtern lassen. Erich Fromm hat sehr klar darauf hingewiesen, wie sehr das autitäre Denken immer Wurzeln in einer kollektiven Verunsicherung hat. Stärken wir also unsere Netzwerke, schließen wir uns zusammen, helfen wir den Flüchtlingen aus der Ukraine, helfen wir einander, diese Zeit gut zu überstehen.
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‚Freundschaft – beginnen, verbessern, gestalten‘